Fünfter Gerlinger Abendspaziergang – Von edlen Übungen zu edlen Speisen

Wirklichen Menschen an realen Orten begegnen, das gibt es auch noch in Zeiten der sozialen Netzwerke. Gerlingen besser kennenlernen, sich anregen lassen, mit anderen ins Gespräch kommen, all das können die Gäste bei den von Mein Gerlingen organisierten Abendspaziergängen.
Ein Bericht von Barbara Bross-Winkler.

Gerlingen besser kennenlernen, sich anregen lassen, mit anderen ins Gespräch kommen

„Ich glaub‘, ich lern Chinesisch“, sagt ein Gast beim kulinarischen Abschluss des 5. Gerlinger Abendspaziergangs. Zu ihm hat Heike Bischoff, die Vorsitzende von „Mein Gerlingen – Stadtmarketing e.V.“, rund 50 Gäste begrüßt. Die potenzielle Chinesisch-Lernende hat sich gleich von der 1. Station des Abendspaziergangs, der Volkshochschule, anregen lassen. Der Abschluss des tropisch warmen Abends findet im Hof des Hofladens Müller in der Weilimdorfer Straße statt. Die Gäste lassen sich Wilde Kartoffeln mit zwei hausgemachten Saucen schmecken. Dazu gibt es Holunderblütenschorle und als Dessert wird eine fruchtige Panna Cotta serviert. Die Geschmacksknospen jubilieren und es wird von fünf Sternen für Mahl und Ambiente gemunkelt.

Begonnen hat dieser Abendspaziergang mit dem Besuch der Volkshochschule. „Wahrscheinlich haben Sie schon alles rauf und runter gemacht, was wir hier an Englisch, Französisch, Italienisch oder am Umgang mit Excel-Tabellen anbieten“, sagt VHS-Leiter Markus Fink in seiner Begrüßung. Chinesisch könnten aber wohl die Wenigsten. Und so gibt es für die Abendspaziergänger einen Crashkurs Chinesisch und Qi Gong.

„Wan shang hao“ heißt „Guten Abend“, erfahren die von Chinesisch-Dozentin Liu Qing. Sie malt die dekorativen Schriftzeichen auf ein großes Blatt Papier und Markus Fink lädt dazu ein, ab September einen VHS-Chinesisch-Kurs zu besuchen. Oder doch lieber Qi Gong, diese stete Arbeit am Qi, der vitalen Kraft des Körpers? Einen Einblick in die so sanft wirkende Meditations-, Bewegungs- und Konzentrationsform gibt Gabriele Albrecht.

Wir legen die Hände auf den Rücken und streichen bis hinunter an die Beine. Dann wieder bilden die Hände eine Schale, öffnen sich und die Arme gehen nach oben. Alles fließt. Schön zu wissen, dass wir schon in wenigen Minuten einen kleinen Teil der „edlen Übungen“ geschafft haben. „Qi Gong macht mich unabhängig von Ärzten“, sagt Frau Albrecht. Wer würde das nicht wollen?

Irgendwie fitter, wahrscheinlich dank dieses winzigen Teils der „edlen Übungen“, ziehen wir weiter zur zweiten Station: Alessandro Zucca von der Pizzicheria Alessandro in der Eltinger Straße löst sein Versprechen, „a bissle Prosecco, a bissle Wasser und a bissle Salami“ zu kredenzen, mehr als ein. Eine Pizzicheria ist im Grunde ein Wurst- und Käsegeschäft. Und so stehen hier Holzplatten voller Pecorino und Parmesan, Mortadella, Salami und Schinken der unterschiedlichsten Macharten auf den Stehtischen und laden zum Naschen ein.

Viele kosten auch vom rosafarbenen Haus-Prosecco, tunken ein Stück Brot in edles Olivenöl oder goutieren den schwarz-roten Mirto di Sardegna. Dieser sardische Myrtenlikör sorgt angeblich für ein hohes Alter. „Mein Opa ist 99 Jahre alt geworden und war Sarde“, bestätigt Alessandro Zucca. Er erzählt seinen Gästen vom Biobauernhof seiner Familie, von dem viele seiner Waren stammen.



Verwöhnt werden die Abendspaziergänger aber auch bei den Handy-Profis von Scheibenkleister in der Kronengasse. Hier gibt es von Yannik und Joscha Albert zu den Informationen rund um Handy und Mobilfunkanbieter ebenfalls Prosecco und Sprudel. Sie erzählen von den Anfängen ihrer Handy-Reparatur-Werkstatt, die sich längst weiterentwickelt hat zu einem Geschäft, in dem es alles rund um Handys und Smartphones gibt.

„Die haben hier wirklich eine Super-Beratung“, bestätigt eine Frau am Rande, nachdem die beiden Brüder darauf hingewiesen haben, dass sie mit unterschiedlichen Mobilfunkanbietern zusammenarbeiten und ihre Kunden je nach deren Bedürfnissen und Wünschen so beraten wollen, dass diese gern wiederkommen. Ein paar Dutzend Leute mehr wissen jetzt also wohin, wenn es Probleme mit dem Akkutausch, der Datensicherung, einem Softwareupdate oder Wasserschäden am Handy gibt.



Richtig lauschig wird es dann im Hofladen Müller, wo Viola und Dieter Müller sowie Heide Sickinger ein paar Takte über den Umbau des Bauernhofs zum modernen Betrieb sagen, mit Hofladen, Bistro und einer Haus- und Gartenabteilung. Schweine, Pferde, Kühe und den Weinbau gibt es nicht mehr. Stattdessen kann man heute Ziegenkäse und Schafsmilch, Bio-Produkte und viel Regionales kaufen. „Wenn Sie auf der Suche nach etwas Besonderem sind, fragen Sie uns. Wir schauen dann, ob wir es herkriegen“, sagt Viola Müller, bevor die Gäste sich über etwas wirklich Besonderes hermachen: Wilde Kartoffeln, Panna cotta und mehr. Und dabei ins Plaudern kommen.

Es geht um die besten Brezel-Bäcker und kulinarische Krimis, um die Preise von Öffentlichem Nahverkehr und Wohnraum in Gerlingen. Um Politik im Allgemeinen und Besonderen. Und um die Abendspaziergänge. „Eine ganz geniale Idee!“, merkt ein Gast begeistert an. „Ja, wir versuchen Dinge zu machen, die man kennt und doch nicht kennt“, erwidert Thomas Bleicher, einer der Ehrenamtlichen von Mein Gerlingen.

Wir freuen uns auf den nächsten Gerlinger Abendspaziergang, der am 21. September stattfindet.